Homerecording-Guide für Rock und Metal –
Teil 2: Studio-Equipment

Ein Homestudio einzurichten, um die Songs der eigenen Band selbst aufzunehmen, kann eine überwältigende Aufgabe sein. Es gibt so viel Equipment auszuwählen und viele Möglichkeiten, Fehler zu machen. Im zweiten Teil des Homerecording-Guides sehen wir uns an, welche Komponenten ihr für ein grundlegendes Recording-Setup braucht und worauf ihr bei der Auswahl achten solltet.

1. Der Raum

Ja, auch er ist ein Bestandteil des Studios – und obwohl er einer der wichtigsten ist, wird er gerade im Homestudio-Bereich oft vernachlässigt.

Bei Homestudios (oder Proberäumen, die auch für Aufnahmen genutzt werden) ist die Auswahl an Räumlichkeiten oft sehr begrenzt. Trotzdem solltet ihr euch – bevor ihr mit der Studio-Einrichtung beginnt, Gedanken machen, wie ihr den Raum (oder die Räume) nutzen wollt, die euch zur Verfügung stehen.

Hier sind einige Kriterien, die euch bei der Entscheidung zwischen verschiedenen Räumen helfen können:

  • Verfügbarkeit: Ist der Raum immer verfügbar, wenn ihr ihn braucht? Müsst ihr den Raum mit anderen teilen und entsprechend planen?
  • Größe und Raumgeometrie: Vermeidet quadratische Räume, niedrige Decken, besonders kleine Räume und große Glasflächen.
  • Akustik: Klingt der Raum bereits aufgrund der vorhandenen Einrichtung (z.B. Couch etc.) trocken?
  • Umgebungsgeräusche: Das Ziel ist natürlich ein ruhiger Raum mit möglichst wenig Lärm von außen.
  • Schalldämmung und mögliche Störung von Nachbarn

 Bei dieser Gelegenheit könnt ihr euch auch meine Tipps für die Raumakustik beim Vocal-Recording anschauen.

2. Raumakustische Maßnahmen

Wenn ihr den bestmöglichen Raum ausgewählt habt, ist er wahrscheinlich noch nicht optimal für Recording-Zwecke eingerichtet. Hier kommen raumakustische Maßnahmen ins Spiel, um das beste aus euren Aufnahmen herauszuholen.

Bei Akustik-Maßnahmen ist mehr in der Regel besser. Vor allem in kleinen Räumen und Räumen, die nicht speziell für den Studioeinsatz gebaut wurden, kann man sowieso kaum genug davon haben. In der Praxis kommt es viel eher darauf an, wieviel ihr euch leisten könnt und/oder wollt.

Für eine möglichst effiziente akustische Behandlung eures Raums solltet ihr versuchen, die folgenden Punkte umzusetzen:

  • Keine großen leeren Flächen an Wänden / Decke / Boden, vor allem nicht direkt gegenüberliegend.
  • Benutzt Schallabsorber…
    • an den Erstreflexionspunkten des Studiomonitor-Setups. (= Punkte an den Wänden, an denen man vom Hörplatz aus die Lautsprecher in einem Spiegel sehen würde.)
    • an übrigen großen reflektierenden Flächen (Wände, Boden, Decke)
    • mit einer Mindestdicke von 10 cm (idealerweise).
  • Baut eine provisorische „Gesangskabine“ in einer Ecke, indem ihr dickes Absorptionsmaterial auf beiden Seiten der Raumecke anbringt, wobei das Mikrofon auf die „schalltote“ Ecke gerichtet

Unter diesem Link findet ihr eine ausführliche Anleitung, wie ihr die Raumakustik für Vocal-Recordings optimieren könnt.

  • Bassabsorption in den Ecken: Möglichst große Bassfallen aus Steinwolle oder Naturfasern, die die gesamte Raumhöhe abdecken. Entweder selbstgebaute oder vorgefertigte Elemente.

3. Mikrofone und DI-Boxen

Jetzt kommen wir zum „eigentlichen“ Studio-Equipment. Das Offensichtlichste dabei sind Mikrofone. Für Band-Recordings braucht ihr aber wahrscheinlich auch eine gute DI-Box für Gitarren und Bass, je nachdem, wie ihr diese aufnehmt. Gehen wir im Folgenden alle Signale durch, mit denen man in einem Rock- oder Metal-Setting typischerweise zu tun hat, und was man im Allgemeinen für diese verwenden würde:

3.1 Drums

  • Kick:
    • Dynamisches Mikrofon wie z.B. Sennheiser e902, Audix D6, AKG D112 (oder ähnlich) und/oder
    • Grenzflächen-Mikrofon (Kondensator) wie z.B. Shure Beta 91A oder Sennheiser e901.

  • Snare: Dynamisches Mikrofon für oben und unten, z.B. Shure SM57, Beta 57, Beyerdynamic M201, Audix i5

  • Toms: Dynamische Mikrofone, z.B. Sennheiser e604 oder ähnliche. Einige spezielle Kondensatormikrofone sind auch sehr gut, wie z.B. Beyerdynamic TG D57c / D58c.

  • Hi-Hat: Kleinmembran-Kondensatormikrofone (wie Overheads) oder sogar ein dynamisches (z.B. SM57).

  • Overheads: Kleinmembran-Kondensatormikrofone; Empfehlungen: AKG C451B, Sennheiser e914, Shure SM81, SM94, SM137, SE Electronics SE8, SE7, Lewitt LCT 140

  • Raummikrofone (wenn euer Raum gut klingt): Ein Paar Großmembran-Kondensatormikrofone wie das Rode NT-1A, Audio Technica AT2020 oder ähnliche. Siehe auch Punkt 3.4 Vocals!

3.2 Bass

  • DI (Direct Input): Man schließt den Bass entweder direkt am Audiointerface oder über eine guten DI-Box an. Empfehlungen: Radial Pro 48 (aktiv), Radial Pro DI (passiv). Verwendet den „Through“-Ausgang der DI-Box, um den übliche Pedal-/Amp-Rig anzuschließen, falls nötig. Ihr könnt die gleiche DI-Box auch bei der Aufnahme von Gitarrenverstärkern / -boxen benutzen.

  • Distortion-Pedale: Wenn ihr für euren Bass-Sound irgendwelche Distortion- oder andere Effektpedale benutzt, nehmt das Direktsignal vom Bass mit der DI-Box auf und schließt den restlichen Rig am „Through“-Ausgang der DI-Box an. Dann schließt ihr den Ausgang der Effekt-Signalkette am Interface an (entweder am Line-Input, wenn es sich um einen Line-Ausgang eines Bass-Preamps handelt, oder an einem Instrumenten-Input).

  • Mikrofon: Generell würde ich bei modernen Musikstilen empfehlen, sich gar nicht erst die Mühe zu machen, einen echten Bass-Amp aufzunehmen. Wenn ihr wirklich wollt, verwendet einfach ein dynamisches „Kick-Mikrofon“ (siehe Drums) und nehmt ihmmer auch ein DI-Signal mit auf.

3.3 Gitarren

  • Ein typisches dynamisches „Snare“-Mikrofon eignet sich auch gut für die Aufnahme von Gitarrenamps bzw. -boxen (SM57 oder ähnlich).

  • Wenn ihr echte Amps/Cabs aufnehmt, verwendet immer eine DI-Box, um auch das Direktsignal aufzunehmen.

  • Wenn ihr nur virtuelle Amps/Cabs aufnehmt (Amp-Simulationen), könnt ihr die Gitarren natürlich auch direkt an den Instrumenteneingang des Audiointerfaces anschließen – oder eine gute DI-Box.

  • Für Akustikgitarren könnt ihr das gleiche Mikrofon nehmen, das ihr auch als Drum-Overhead verwenden würdet, nämlich ein Kleinmembran-Kondensatormikrofon.

3.4 Vocals

Das typische Studiomikrofon für Vocals ist ein Großmembran-Kondensatormikrofon, aber auch ein gutes dynamisches Mikrofon kann sehr gut (oder sogar besser) für härtere Musikstile geeignet sein. Einige Empfehlungen:

  • SM7B (dynamic)
  • Aston Origin
  • Lewitt LCT 440 Pure
  • Rode NT-1A

Eine ausführliche Anleitung, wie man das richtige Studio-Gesangsmikrofon findet, findet ihr unter diesem Link.

3.5 Analoge Synthesizer, Keyboards etc.

Andere Instrumente mit Line-Pegel-Ausgang wie Synthesizer, Keyboards, Sampler usw. können problemlos entweder über eine DI-Box oder den Line-Eingang des Audiointerfaces aufgenommen werden.

4. Kabel

Über die Qualität von Kabeln müsst ihr euch nicht allzu große Sorgen machen. Solange sie eine halbwegs vernünftige Qualität haben, ist alles in Ordnung. Das bedeutet im Wesentlichen: Kauft Kabel bei einem gut sortierten Musikgeschäft und nehmt dort nicht die billigsten, die es gibt. Die Kabel, die ihr für Band-Aufnahmen auf jeden Fall braucht, sind:

  • Mikrofonkabel (XLR)
  • Line-Kabel mit 1/4″-TRS-Klinkenstecker („Stereo“-klinke, aber für einen Kanal!) für Instrumente mit Line-Pegel (Keys etc.)
  • Instrumentenkabel für Gitarren/Bass. Haltet diese so kurz wie möglich, am besten zwischen 1,5 m und 3 m.

Haltet alle Kabel so kurz wie möglich, um die bestmögliche Signalqualität zu erhalten. In Homestudios sind 5 m bis 10 m in der Regel richtig.

5. Audiointerface, Vorverstärker, Wandler

Das Interface, die Mikrofonvorverstärker und die Wandler bilden zusammen das Herzstück eines modernen Homestudios. Glücklicherweise verfügen die meisten günstigen Audiointerfaces bereits über eingebaute Mikrofonvorverstärker und Wandler. Qualitativ sind diese eingebauten Preamps heutzutage gut genug für alle Homerecording-Anwendungen. Der einzige Grund separate Preamps zu kaufen ist, wenn ihr fürs Drum-Recording mehr Kanäle gleichzeitig braucht. Ein guter Ausgangspunkt für ein Budget-Homestudio für komplette Band-Recordings:

  • 8-Kanal-Interface, wenn ihr ein akustisches Schlagzeug aufnehmen wollt
  • 2- oder 4-Kanal-Interface, wenn ihr Drums nicht selbst aufnehmt
  • Optional: Ein zusätzlicher 4- oder 8-Kanal-Mikrofonvorverstärker, der per ADAT (optisch) an das Interface angeschlossen wird.

6. Computer

Jeder hat heutzutage einen, und für die meisten Recording-Anwendungen reicht ein moderner Mittelklasse-Büro-/Multimedia-Computer aus – vor allem in Band-Settings, bei denen die meisten Klangquellen Audio sind und keine ressourcenhungrigen virtuellen Instrumente.

Wenn ihr euch keinen speziellen Studiorechner leisten könnt oder wollt, könnt ihr auch einfach einen halbwegs vernünftigen Computer verwenden, den ihr bereits besitzt. Achtet aber darauf, die Optimierungstipps unter Punkt 6.2 umzusetzen, um das Beste aus dem System herauszuholen.

6.1 Empfohlene Spezifikationen

  • PC oder Mac
  • 16 oder 32 GB RAM
  • Intel i5, i7 or i9 CPU, AMD Ryzen 5, 7, 9 or Apple M-Serie
  • Guter Airflow, leise Lüfter
  • Ausreichende Anschlussmöglichkeiten für alle Geräte (Interface, Maus/Tastatur, andere Peripheriegeräte)

6.2 Quick Tips zur Optimierung

Die folgenden Punkte sind die effizientesten Methoden zur Optimierung eures Computers für Audiowendungen (Echtzeit-Performance).

  • Schließt nur die Geräte an, die für den Studioeinsatz benötigt werden. Jedes zusätzliche Gerät erhöht die Wahrscheinlichkeit von Audio-Dropouts, Klick- und Knackgeräuschen und zufälligen CPU-Auslastungsspitzen bei der Verwendung von niedrigen Puffergrößen für geringe Latenz.
  • Haltet das System immer auf dem neuesten Stand. Aber:
    • Vermeidet Updates von Studiosoftware mitten in einem Projekt, um Kompatibilitätsprobleme zu vermeiden und
    • Vermeidet größere System-Updates, die nicht sicherheitsrelevant sind, wenn ihr wichtige, nicht abgeschlossene Projekte
  • Deaktiviert unnötige Hintergrund-Tasks/-Apps
  • Deaktiviert unnötige System-Features
  • Deaktiviert System-Sounds
  • Deaktiviert jegliche Stromspar-Funktionen und aktiviert den Höchstleistungsmodus.

7. DAW

Das ist das Herzstück des Studios auf der Softwareseite. Die DAW (Digital Audio Workstation) übernimmt alle Produktions-, Aufnahme- und Mixing-Aufgaben des Audioprojekts. Für welche Software ihr euch entscheidet, hängt davon ab, welche Funktionen ihr benötigt und welcher Workflow am besten für euch passt.

Ausgehend von den Vollversionen der wichtigsten DAWs (nicht den abgespeckten Versionen) könnt ihr mit jeder von ihnen euer Projekt umsetzen – die Wahl ist hauptsächlich Geschmackssache. Wenn ihr gerade erst anfangt, ist die konkrete Wahl sogar noch unwichtiger, da ihr euch sowieso an die Software gewöhnen müsst.

Es gibt jedoch einige Dinge zu beachten, besonders wenn ihr mit anderen Musikern, Studios oder Produzenten/Engineers zusammenarbeiten möchtet. Avid Pro Tools ist nach wie vor ein Studiostandard. Wenn ihr also komplette Sessions (nicht nur Audiodateien) an Produzenten oder Studios schicken wollt, ist diese DAW die sicherste Wahl. Das ist jedoch weniger relevant als ihr vielleicht denkt, denn für den typischen Mixing-Service könnt ihr immer auch nur die unbearbeiteten, konsolidierten Audio-Files von jeder Spur (Multitrack) übergeben.

Für alle anderen DAWs empfehle ich: Nehmt eine der großen. Für Rock- und Metal-Genres sind das typischerweise: Presonus Studio One, Steinberg Cubase, Apple Logic und eventuell Reaper. Bevor ihr euch für eine DAW entscheidet, informiert euch über deren Features und wie Recording- und Editing-Abläufe darin aussehen. Und denkt daran, dass man Logic nur auf Mac-Computern verwendet werden kann, was euch langfristig an diese Plattform bindet.

8. Plugins, virtuelle Instrumente und Amp-Simulationen

Zwar verfügen alle modernen DAWs bereits über eine Vielzahl von Standard-Plugins, für einige Anwendungen braucht ihr aber eventuell noch Software von Drittanbietern. Das ist weniger ein Problem, wenn ihr ausschließlich akustische Instrumente und Gesang aufnehmen wollt. Aber zu Produktionszwecken oder wenn ihr virtuelles Equipment als Ersatz oder Ergänzung benötigt, gibt es gute Software, die nützlich für euch sein kann. Ein paar Beispiele und Empfehlungen für gängige Anwendungsfälle:

Songwriting/Producing:

  • Drums: Toontrack EZDrummer / Superior Drummer, XLN Audio Addictive Drums, BFD3

  • Bass: Toontrack EZBass, IK Multimedia Modo Bass

  • Keys: Toontrack EZKeys

  • Virtuelle Instrumente (allround): Native Instruments Komplete

Producing/Recording:

  • Gitarren-Amp-Simulationen:
    • Neural DSP Archetype Nolly, Plini, Gojira (X), Fortin, Cory Wong (and many more, depending on your style of music; demo for yourself!)
    • STL Tonality, Tonehub

  • Bass-Amp/-Distortion:
    • TSE BOD (kostenlos!)
    • Neural DSP Darkglass Ultra, Parallax

9. Studiomonitore

Das ist ein Thema, das einen eigenen Artikel verdient, aber ganz kurzgefasst: Wenn ihr nicht gerade auf professionellem Level mischt und mastert, braucht ihr euch nicht den Kopf über die bestmöglichen Studiomonitore zerbrechen. Im Grunde müsst ihr nur alles hören, was in eurer Produktion vor sich geht und in der Lage sein, die Qualität der aufgenommenen Performances zu beurteilen. Monitore der unteren bis mittleren Preisklasse sind dafür ausreichend. Hört euch vor dem Kauf am besten verschiedene Modelle an, mit Musik, die ihr sehr gut kennt. Hier sind einige Empfehlungen für Studiomonitore:

  • Yamaha HS7
  • ADAM T7V
  • JBL 306P MKII
  • Kali Audio IN-8 2nd Wave
  • Monkey Banana Turbo 6
  • Dynaudio LYD-7

10. Recording-Kopfhörer

Jeder Künstler braucht Kopfhörer, um den Song und sich selbst bei der Aufnahme richtig zu hören. Da kein Sound vom Kopfhörer zurück zum Mikrofon gelangen soll, muss es sich um einen geschlossenen Kopfhörer handeln. Die folgenden Modelle sind eine beliebte Wahl:

  • Beyerdynamic DT770
  • Audio-Technica ATH-M50 X

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Raphael Arnold

Audio Engineer | Producer